Akademie der Kunst und Philosophie Akademie der Wissenschaften | Académie des sciences |
Nr. 580Wilhelm von Conches - Philosopher of Middle Ages |
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Aus dem Inhalt:
Wilhelm von Conches (lateinisch Guilelmus de Conchis; * um 1080/1090 in Conches-en-Ouche in der Normandie; † nach 1154) war ein mittelalterlicher Philosoph. Er gehörte zu der als „Schule von Chartres“ bezeichneten Gelehrtengruppe. Er studierte in Paris und in Chartres, wo er ein Schüler des berühmten Gelehrten Bernhard von Chartres war. Ab etwa 1120 war er als Lehrer an der Kathedralschule von Chartres tätig, wo er sich hohes Ansehen erwarb. Johannes von Salisbury, ein Schüler Wilhelms, nannte ihn den bedeutendsten Grammatiker nach Bernhard von Chartres. In den späten vierziger Jahren stand er im Dienst von Gottfried Plantagenet, des Grafen von Anjou und Herzogs der Normandie, und war als Erzieher von Gottfrieds Sohn, des künftigen Königs Heinrich II. von England, tätig. Die sich selbst bewegende Weltseele ist für Platon Prinzip aller Bewegung. Johannes von Salisbury nennt sie spiritus creatus. Es war im Mittelalter, zum Beispiel nach Albertus Magnus, Thomas von Aquin, Augustinus, Gregor von Nyssa, eine geläufige Ansicht, dass die Seele im ganzen Körper und in jedem Teil ausgebreitet ist. Johannes von Salisbury, Bernhard Sylvestris und Wilhelm von Conches übertrugen die Vorstellung auf die Weltseele in der Schule von Chartres. [1] "Denn wir begreifen die Bewegung nur durch einen Vergleich mit etwas Feststehendem. Wie sollte jemand, der sich auf einem Schiff in der Mitte des Gewässers befindet, der das Ufer nicht sieht und nicht weiß, dass das Wasser fliesst, begreifen, dass er sich bewegt?" - Nicolaus Cusanus, De docta II, 12Auch wenn der Beweis für die Erdbewegung erst später geliefert wurde, so weiß Cusanus doch die Gegenbeweise als nicht stichhaltig zu entkräften. Dass Bewegung nur als relative Bewegung erkennbar ist, weiß bereits Wilhelm von Conches. [2] Weil uns daher jene ganze Region unbekannt ist, bleiben uns auch jene Einwohner völlig unbekannt, so wie es auch auf dieser Erde geschieht, dass die Lebewesen einer Art gleichsam an einer gemeinsamen Art-Region, an dem, was zu ihr gehört, wechselseitig Teil haben, von den andern aber entweder nicht annehmen wollen oder wahrhaft nicht annehmen. Denn das Lebewesen der einen Art kann den Begriff eines andern, den dieses in lautlichen Zeichen ausdrückt, nur durch wenige Zeichen äusserlich begreifen, und auch das nur nach langer Gewöhnung und lediglich vermutungsweise. "Von den Bewohnern einer andern Region aber werden wir unverhältnismäßig weniger erfahren können; wir vermuten nur, dass in der Region der Sonne eher sonnenhafte, helle und erleuchtete, geistige Bewohner sind, geistigere auch als in der Mondregion, wo sie eher mondhaft sind und als auf der Erde, wo sie stoffhafter und dichter sind. Demnach wären jene geistigen, sonnenhaften Naturen mehr in der Wirklichkeit und weniger in der Möglichkeit, die erdhaften mehr in der Möglichkeit und weniger in der Wirklichkeit, die mondhaften bewegten sich in der Mitte. Dies vermuten wir aus dem feurigen Einfluß der Sonne, aus dem wäßrigen und luftigen des Mondes und aus der stofflichen Schwere der Erde in ähnlicher Weise von den andern Sternregionen; dabei nehmen wir an, dass keine Region der Bewohner entbehrt und es gleichsam so viele besondere Teil-Welten des einen Universums gibt, wie Sterne, die keine Zahl haben; dass die eine gesamte Welt in einem viermal absteigenden Fortschreiten zu so viel Besonderem dreifach verschränkt ist, dass nur der, der alles in der Zahl erschaffen hat, dessen Zahl kennt. [3] Weil zum Beispiel bei den Menschen jedoch die geistige Natur gegenüber der andern hervortritt, nennt man sie besser Geistwesen als Lebewesen, wenngleich sie von den Platonikern für geistige Lebewesen gehalten werden. Aus diesem Grunde wird gefolgert, dass die Arten geordnet sind ganz so wie die in geordneter Progression aufsteigende Zahl, die notwendigerweise begrenzt ist, so dass Ordnung, Harmonie und Proportion in der Unterschiedenheit herrscht ("ordo, harmonia ac proportio sit in diversitate"). [4] "Darum gibt es auch nichts im Universum, das sich nicht einer gewissen Einzigkeit (Singularitate) erfreute, die sich in keinem andern findet, so dass kein Ding ein anderes in allem übertrifft oder das Verschiedene in gleicher Weise hervortreten lässt, wie es auch niemals mit irgend etwas anderem in irgendeiner Beziehung gleich sein kann. Auch wenn es zu der einen Zeit kleiner als dieses und zur andern größer sein würde, macht es diesen Übergang in einer gewissen Einzigkeit, so dass es eine präzise Gleichheit nie erreicht." - Nicolaus Cusanus, De docta III, 1Die Individuationsprinzipien ("principia individuantia") können in keinem Individuum in derselben harmonischen Proportion zusammentreffen, wie in einem andern Individuum, so dass jedwedes durch sich eins und auf die relativ beste Weise vollkommen ist. Weil aber die Verschiedenheit der Meinungen gemäß der Verschiedenheit von Religionen, Sekten und Regionen Urteile vergleichsweise verschieden ausfallen lassen, so dass das nach der einen Auffassung Lobenswerte nach einer anderen tadelnswert ist, und da sie, über den Erdkreis verstreut, uns unbekannte Menschen gibt, so wissen wir also nicht, wer im Vergleich mit den übrigen Menschen der Welt sich besonders auszeichnet, weil wir nicht einmal einen aus ihnen allen vollkommen zu erkennen vermögen. Dies ist von Gott so eingerichtet worden, damit jeder, mag er auch die anderen bewundern, in sich selbst sein Genüge finde und in seinem Vaterland, so dass ihm sein Geburtsort anziehend erscheint in den Landessitten, in der Sprache und den übrigen Gegebenheiten, damit Einheit und Friede herrsche, soweit dies möglich ist; da Einheit und Friede jedweder Art nur durch diejenen vollkommen sein können, die im Geiste dessen herrschen, der unser alle sinnliche Vorstellung übersteigender Friede ist. [5] Anmerkungen [1] Aristoteles Meth
IX, 8; Albertus Magnus, Met IX; Thomas von Aquin S. th. I, 79; Gilbert
de la Porrée / Gilbert von Poitiers, Librum de trin.; Johannes von
Salisbury, Metalogicon IV, 35; vgl. Kurse Nr.
568 Nicolaus Cusanus - Renaissance Philosopher II, Nr.
579 Albertus Magnus ,Nr.
501 Thomas von Aquin II, Nr.
576 Gilbert de la Porrée / Gilbert von Poitiers, Nr.
580 Wilhelm von Conches, Nr.
574 Johannes von Salisbury..Ib.
Zur Philosophie und
Kultugeschichte des Mittelalters, der Schule von Chartres und der Renaissance
vgl. Kurse:
Nr.
581 Bernhard von Chartres, Nr.
580 Wilhelm von Conches, Nr.
579 Albertus Magnus, Nr.
578 Pierre Abaelard, Nr.
574 Johannes von Salisbury, Nr.
577 Petrus Lombardus, Nr.
576 Gilbert de la Porrée / Gilbert von Poitiers, Nr.
565 Johannes Scotus Eriugena, Nr.
575 Thierry de Chartres, Nr.
571 Alanus ab Insulis, Nr.
572 Anselm von Canterbury, Nr.
570 Hilarius von Poitiers, Nr.
568 Nicolaus Cusanus - Renaissance Philosopher I, Nr.
568 Nicolaus Cusanus - Renaissance Philosopher II, Nr.
564 St. Augustinus, Nr.
500 Thomas von Aquin I: Summa contra Gentiles, Nr.
501 St.Thomas Aquinas - Philosopher of Gothic period II: Summa Theol.,
Nr.
502 St.Thomas Aquinas - Philosopher of Gothic period III, Nr.
582 St.Thomas Aquinas - Philosopher of Gothic period IV, Nr.
566 Meister Eckhart , Nr. 562 Dante,
Nr. 320 Romanische Kunst
und Architektur , Nr.
325 Kunst und Architektur der Gothik, Nr.
326 Kunst und Architektur der Renaissance, Nr.
350 Byzantinische Kunst und Architektur. Akademie der Kunst und Philosophie
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